Kirgistan 2005

Kirgistan

Der Schüleraustausch „Eckernförde – Bischkek 2005“

Vom 24.09.05 bis 08.10.05 Zwei Wochen Austausch nach Kirgistan, für jeden von uns ein ganz neues und anderes Land. Doch wo liegt Kirgistan überhaupt? Kirgistans Nachbarländer sind Kasachstan, China, Tadschikistan und Usbekistan.

Auf einer Fläche von 198.500 km² leben ca. 4,5 Million Menschen unterschiedlichster Kulturen, wovon ca. 1,5 Million in der Hauptstadt Bischkek leben. Der Islam ist die Hauptreligion dort, welche aber nicht so offensichtlich, wie in anderen östlichen Ländern, ausgelebt wird.

Dass der Austausch nach einem großem Hin und Her doch noch statt gefunden hat, grenzt fast an ein Wunder, denn es wurden uns einige Steine in den Weg gelegt. Es fing mit einer Absage der Boschstiftung an, die uns eigentlich finanziell unterstützen wollte. Daraus resultierte dann, dass wir selbst die Kosten tragen mussten, was jedoch alle hinnahmen.
Geplant war es dann, Mitte Mai nach Kirgistan zu fliegen, doch unsere Reisevorbereitungen wurden von revolutionären politischen Unruhen auf Grund gefälschter Präsidentenwahlen überschattet. Die Gefahr war zu groß und wir versuchten, unser Geld für den gebuchten Flug wieder zu bekommen. Das gestaltete sich aber sehr schwierig, da es eine Billig-Fluglinie war, bei der Stornierungen und Umbuchungen nicht vorgesehen waren.
Mit Unterstützung der Botschaft erreichten wir dann doch noch eine Umbuchung auf September. Mit diesem Ziel vor Augen organisierten wir einige Pausenfrühstücke in der Schule und bekamen zusätzlich zwei großzügige Spenden vom ehemaligem VW-Chef Professor Hahn und der Pflanzenzucht-Firma Hohenlieth. Mit diesen Geldern wurde sowohl das Programm für uns, als auch das für die Kirgisen bezahlt. Außerdem bekam jede Familie 50€ für die Versorgung von uns.
Hierbei sollte ich erwähnen, dass das monatliche Durchschnittsgehalt eines Kirgisen zwischen 20 und 30€ beträgt. So konnten wir die Familien durch die Spenden und die Einnahmen der Pausenfrühstücke zusätzlich finanziell unterstützen und möchten uns auf diesem Wege bei den Firmen, Schülern und Lehrern für ihre und eure Spenden bedanken.

Am 24.09.05 ging es dann endlich los. Obwohl wir nicht sicher waren, ob wir tatsächlich fliegen würden, fuhren wir um acht Uhr morgens mit dem Zug nach Frankfurt. Die Unsicherheit bestand darin, dass wir zwei Tage vorher erfahren hatten, dass unsere Fluglinie Kirgistan-Airlines pleite war. In den letzten Wochen waren deswegen einige Flüge nicht gestartet oder zurückgeflogen, was wir allerdings vorher nicht erfahren hatten.
Nachdem aber auch diese letzte Hürde überwunden war, saßen wir um 20 Uhr schließlich im Flugzeug. Beim Begutachten der Innenausstattung lief uns allerdings ein kalter Schauer über den Rücken, denn die Türen waren provisorisch mit Tape abgeklebt, fast kein Sitz stand senkrecht, einige blieben auch beim Aufrichten nicht stehen und im hinteren Teil lagen drei abmontierte Sitzreihen mit je vier Sitzen, die dort auch während des Fluges liegen blieben und einige Sitze sowie den Gang versperrten. Außerdem fehlten sämtliche Schwimmwesten und Sicherheitskarten. Dazu kam noch, dass das Flugzeug auf Grund der dreckigen Toiletten dementsprechend stank.Kurz vor dem Start wurde dann das Lied gespielt, zu dessen Klängen die „Titanic“ untergegangen ist. Wie wir alle fanden, war das ein perfekter Beginn unseres sechsstündigen Fluges.
Damit noch nicht genug folgte eine unerträgliche Hitze durch die Heizung im Flugzeug. Es war wie in einer Sauna und man konnte nicht schlafen. Es ist uns ein Rätsel, wie so eine Maschine von deutschem Boden starten durfte.Deshalb waren wir natürlich heilfroh, als wir um 4.30 Uhr in Bischkek landeten. Abgeholt wurden wir vom Direktor, zwei Deutschlehrerinnen und einigen Schülern des Goethe-Gymnasiums und wurden dann an der Schule von unseren anderen Austauschschülern freudig empfangen. Jeder fuhr mit seinem Partner nach Hause und sammelte seine ersten Eindrücke in diesem für uns am Anfang doch sehr fremden Land.
Später trafen wir uns mit der Gruppe und guckten uns die Stadt an. Es war für alle eine große Umstellung: andere Menschen, andere Währung, vier Stunden Zeitverschiebung, andere Sprache und einfach ärmere Lebensumstände. Am Montag wurden wir dann herzlich mit einer Tanzvorführung in der Aula begrüßt und lernten danach den etwas andern Schulunterricht kennen. Diese Schule ist sehr deutschorientiert und so lernt man dort seit sechs Jahren schon seit der zweiten Klasse deutsch und hat auch Mathe und andere Fächer auf Deutsch.

Unser Programm war sehr vielseitig, ein Besuch in der deutschen Botschaft, im Kino, im Theater und in verschiedenen Museen sowie in einer Fabrik. Wir verbrachten 3 Tage am Issyk-Kul, das ist ein Bergsee in ca. 1700 Metern Höhe. Der See selbst ist ca. 700 Meter tief und wird von warmen Quellen gespeist, so konnten wir dort baden und um uns herum waren schneebedeckte Berge. Landschaftlich ist Kirgistan einmalig!
Untergebracht waren wir während dieser drei Tage in alten Baracken, es gab keine Heizung und nachts war es schon bitter kalt. Außerdem hatten wir die ersten zwei Tage kein fließendes Wasser und das Essen schmeckte den meisten nicht und war zum Teil nicht definierbar. Beim Anblick der Küche war das aber auch kein Wunder.
Trotzdem hatten wir aber alle viel Spaß und die Abende wurden sehr lustig. Wir bekamen die einmalige Gelegenheit eine Art religiöse Gedenkstätte zu besichtigen, denn eigentlich ist der Zutritt der Öffentlichkeit untersagt, da es ein Privatbesitz ist. Auf diesem Gelände befinden sich Religionshäuser aus jeder größeren Weltreligion wie zum Beispiel eine Kirche, eine Moschee, eine Synagoge, ein Hindutempel etc. Die Anlage war sehr gepflegt und stand sehr im Kontrast zu anderen Gebäuden.

In der zweiten Woche waren wir eine Nacht in den Bergen im Nationalpark Ala-Artscha. Landschaftlich wieder ein Traum, aber die Unterbringung war nicht so gut und es gab wieder kein fließendes Wasser, dafür schmeckte hier das Essen. Wir machten zwei lange Wanderungen, wobei bei der einen unser Bergführer verschwand und wir allein zurück gehen mussten. Der Weg verschlug uns dabei zu einer Brücke, an der die meisten Bodenbretter fehlten, sodass wir gegrätscht auf den unteren Streben des eisernen Gerüsts hinüber klettern mussten. Das war eine sehr wackelige Angelegenheit! Nachmittags wurden für uns Pferde bestellt und wir konnten reiten, was viel Spaß gemacht hat.
An einem anderen Tag fuhren wir in das Dorf Rotfront, etwas außerhalb von Bischkek. Dieses Dorf wurde von Deutschen gegründet, die von den Zaren nach Asien gelockt wurden. In dem Dorf leben noch ca. 200 deutschstämmige Familien und an der Schule, die wir besucht haben, gab es noch 50 Deutsch sprechende Schüler, die alle Baptisten oder Menoniten waren, d.h.: Die Mädchen dürfen sich nicht die Haare schneiden und tragen sie immer hochgesteckt, sie müssen Röcke tragen und dürfen nicht fernsehen. Sex vor der Ehe ist nicht erlaubt und sie müssen jemanden mit derselben Religion heiraten. Unserer Meinung nach musste das ja wohl zur Inzucht führen. Außerdem fuhren wir an dem Tag noch zu dem Turm Burana und machten so Bekanntschaft mit der kirgisischen Geschichte. Auf dem Gelände befand sich auch eine archäologische Ausgrabungsstätte, die wir besichtigten: Man legte dort die Reste einer Khanathauptstadt an der berühmten Seidenstraße frei. Während der zwei Wochen machten wir noch einige Ausflüge mehr und erfuhren viel über Land und Leute.

Am 3. Oktober wurden wir zur Feier der Wiedervereinigung Deutschlands vom deutschen Botschafter ins „Steinbräu“ eingeladen. Das ist eine bayrische Brauereiwirtschaft in Bischkek. Es wurden nur geladene Gäste eingelassen, wie zum Beispiel Botschafter anderer Länder, Diplomaten, diverse Firmenchefs, Abgeordnete und andere wichtige Leute aus Bischkek. Versorgt wurden wir mit echtem bayrischem Bier, Laugenbrezeln und Weißwurst. Musikalisch begleitet wurde der Abend von einer kirgisischen Militärkapelle, die deutsche Weisen spielte. Es wurden, wie üblich, Reden gehalten und wir gewannen wieder einige interessante Einblicke und waren sehr erstaunt dort eine bayrische Gaststätte zu finden.

Am vorletzten Tag wurden wir im Parlament in Bischkek herumgeführt. Auch das war eine Besonderheit, denn normalerweise ist auch hier der Öffentlichkeit der Zutritt untersagt. Wir besichtigten die Räumlichkeiten und saßen anschließend im Konferenzzimmer eines Abgeordneten, von dessen Vertreter wir noch einiges über Bischkek erfuhren. So sprachen wir ihn auf die großen Müllberge an, die sich überall in der Stadt finden. Er erklärte uns, dass Bischkek eine Stadt sei, die ursprünglich für 450.000 Menschen gebaut worden sei, dass aber mittlerweile dort 1,5 Million Menschen lebten und jeden Tag würden es mehr, da immer mehr Menschen vom Land in die Stadt kämen, mit der Hoffnung auf bessere Arbeit. So sei sowohl das Müll- als auch das Abwassersystem komplett überfordert.
Der Rückflug gestaltete sich dann weniger strapaziös, wenn auch einen Tag verspätet, da Kirgistan-Airlines nicht mehr flog und wir deshalb mit Altyn Air zurückfliegen mussten. Dieses Flugzeug war in einem wesentlich besseren Zustand und so landeten wir nach sieben Stunden Flug heil wieder in Frankfurt. Nach einer zwölfstündigen Zugfahrt kamen wir dann am 08.10. um 23.00 Uhr in Eckernförde an.

Nachdem wir nun schon über 24 Stunden auf den Beinen waren, freute sich jeder auf sein Bett. Es war schon eine Umstellung, wieder in Deutschland zu sein, ganz abgesehen von den vier Stunden Zeitverschiebung. An einige Dinge musste man sich erst wieder gewöhnen! Für uns alle war das ein toller Austausch, auf dem wir viele neue Erfahrungen gemacht haben und interessante Eindrücke gewonnen haben. Wir haben zwei Wochen in herzlichster Gastfreundschaft genossen und ich denke, fast alle von uns würden gern wieder nach Kirgistan fliegen!

Kathrin Trede, 11c